Die Grüne Fraktion im Kreistag des Bodenseekreises spricht sich dafür aus, dass der Bodenseekreis als Gesellschafter keine weiteren Zahlungen für den Erhalt des Bodensee-Airports Friedrichshafen leistet. Die Grüne Fraktion widerspricht damit der Empfehlung der Unternehmensberatung Roland Berger, die sich für die Fortführung des Flughafens ausspricht. Neben den schlechten wirtschaftlichen Aussichten führt die Fraktion der Grünen den Klimaschutz als gewichtiges Argument an. Weil Fliegen besonders energieintensiv und klimaschädlich ist, sieht die Grüne Fraktion den Flugbetrieb in Friedrichshafen auch jenseits der unsichere Wirtschaftlichkeit kritisch.
Die von der Unternehmensberatung angeführten Argumente überzeugen die Grünen im Kreistag nicht. Kritisch sieht die Fraktion vor allem die Ausführungen zur Bedeutung des Flughafens für die Region und zum Erhalt von Arbeitsplätzen und der sehr hoch angesetzten Bruttowertschöpfung. Aktuell zählt die Flughafen Friedrichshafen GmbH genau 88 und die Flughafen Personal und Service GmbH 43 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Bruttowertschöpfung, die der Flughafen bewirkt, veranschlagen die Gutachter mit 86 bis 95 Millionen Euro jährlich. Die Grüne Kreistagsfraktion geht davon aus, dass sich dieselbe Bruttowertschöpfung erzielen ließe, wenn auch nur ein Teilbereich des Flughafen-Areals als neuer Standort für Wirtschaftsunternehmen genutzt würde. Durch die Ansiedlung von Firmen entstünden zudem Arbeitsplätze. Die Grünen halten es für nicht zielführend, dass das Berger Gutachten diese Möglichkeit überhaupt nicht beleuchtet und nur einen einmaligen Erlös bei Auflösung des Flughafens berücksichtigt.
Die Kreistagsfraktion der Grünen geht davon aus, dass die Bedeutung des Flughafens in Zukunft weiter abnimmt. Angesichts der Klimakrise ist es nach Überzeugung der Grünen Fraktion höchste Zeit, Kurzstreckenflüge so schnell wie möglich überflüssig zu machen. Das betrifft insbesondere Freizeit- und Tourismus Flüge sowie Besucherreisen. Von den 490.000 Passagieren des Bodensee-Airports Friedrichshafen im Jahr 2019 und damit noch vor Corona waren nur rund ein Drittel der Passagiere Businesspassagiere, also Geschäftsreisende, die aus beruflichen Gründen geflogen sind. Die Grüne Fraktion sieht in dieser Gruppe noch die, welche am ehesten auf den Flughafen angewiesen sein könnte. Allerdings sind auch für Businesspassagiere und insbesondere für Freizeitpassagiere die großen Flughäfen in Stuttgart und Zürich schon heute in nur gut zwei Stunden per Bahn erreichbar. Die Fahrzeit nach Stuttgart und zum Stuttgarter Flughafen wird sich nach Inbetriebnahme von S21 und des Flughafenbahnhofes zudem weiter verringern. Statt auf Kurzstreckenflüge möchten die Grünen auf eine weitere Verbesserung des Bahnangebots mit Anschluss an den Deutschland Takt setzen.
Vollkommen unklar ist aus Sicht der Grünen Fraktion auch, ob die Lufthansa verlässlicher Partner des Flughafens Friedrichshafen bleibt – wie es das Berger Gutachten zugrunde legt. Aktuell hat die Lufthansa die Verbindung von Frankfurt nach Friedrichshafen wieder gekappt. Mindestens 150 Flugzeuge der einstmals 760 Jets umfassenden Konzernflotte werden, wie die Airline bereits angekündigt hat, dauerhaft nicht mehr abheben. In dieser Woche hat die Lufthansa zudem ihren Flugschülern dringend empfohlen, sich „beruflich neu zu orientieren“.
Insgesamt müssten der Bodenseekreis und die Stadt Friedrichshafen in den kommenden fünf Jahren zusammen jedes Jahr rund sechs Millionen Euro an öffentlichem Geld zuschießen. Um Investitionen wie in die Flugsicherungstechnik und in ein Remote-Tower-Control-System zu finanzieren und coronabedingte Ausfälle im laufenden Betrieb ausgleichen zu können, benötigt die Flughafen Friedrichshafen GmbH bis 2025 auch nach Rechnung der Grünen fast 30 Millionen Euro von den Gesellschaftern. Der Bodenseekreis ist mit 39,38 Prozent als Gesellschafter beteiligt und müsste die Zahlungen über die von den Städten und Gemeinden zu zahlende Kreisumlage finanzieren.
Die Grüne Fraktion bezweifelt zudem, ob die gehandelten Summen überhaupt ausreichen würden und schätzt die Prognosen von Berger für zu optimistisch ein. Skeptisch ist die Kreistagsfraktion der Grünen vor allem aufgrund der Historie des Flughafens. Die Grünen vermissen weiterhin einen belastbaren Businessplan und erinnern daran, dass Prognosen in der Vergangenheit eher nicht eingetroffen sind und der Flughafen meistens mit Wunschzahlen argumentierte, die jeweils weit entfernt von der Realität waren