Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hatte am Mittwoch, 30. September, zu einer Öffentliche Anhörung zu Agriphotovoltaik-Anlagen (APV) nach Stuttgart eingeladen. Martin Hahn MdL, Vorsitzender des Ausschusses, sieht in Agriphotovoltaik in der Landwirtschaft und Landschaft großes Potenzial. Dass sich auch die beiden Minister Franz Untersteller und Peter Hauk für „Agri-PV“ und „Schwimmende PV“ stark machen, begrüsst Martin Hahn daher sehr. Sie fordern APV beim „Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ (EEG) 2021 als Fördersegment zu berücksichtigen. Der Umwelt- und der Agrarminister des Landes haben Ende September einen gemeinsamen Brief zum EEG 2021 an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner geschrieben.
Bisher sind die Hürden für Agriphotovoltaik nach Einschätzung von Martin Hahn noch deutlich zu hoch. Bei Ausschreibungen ist die Agriphotovoltaik im Wettbewerb mit Freilandanlagen aus wirtschaftlichen Gründen chancenlos. Dies ist auch ein Ergebnis der Anhörung im Landtag.
Die Ressource Land wird immer knapper. Das ist weltweit und auch in Deutschland und ganz besonders in Baden-Württemberg so. Nicht nur das Gewerbe, sondern auch die Erzeugung regenerativer Energien benötigt Flächen, die dann wie im Falle von Freiflächenphotovoltaik der Landwirtschaft nicht mehr zur Verfügung stehen. Das sieht Martin Hahn als Landwirtschaftspolitiker der Grünen besonders kritisch. Er setzt auch deswegen lieber auf Agriphotovoltaik und doppelte Landnutzung.
Max Trommsdorff vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE führte bei der Anhörung ins Thema ein. Peter Hauk informierte über rechtliche und ökonomische Hürden. Florian Reyer von der Hofgemeinschaft Heggelbach APV berichtete aus Sicht des Praktikers. Ein weiterer Referent war Stephan Schindele, Head of Agri-PV, BayWa r.e. renewable energy GmbH, der über das Thema Synergien zweier Sektoren gesprochen hat. Heiko Hildebrandt, Geschäftsführer Next2Sun GmbH, informierte über Agrophotovoltaik mit vertikalen bifacialen Solarmodulen. Hier kann die Fläche zwischen den Modulen weiterhin zum Beispiel als Wiese oder Acker genutzt werden und die Biodiversität wird nicht beeinträchtigt.
Martin Hahn befürchtet gerade in Baden-Württemberg eine wachsende Konkurrenz bei der Landnutzung. „Besonders dramatisch wirkt sich der Wettbewerb um die Fläche in Regionen aus, welche aufgrund fruchtbarer Böden und milden Klimas sowohl landwirtschaftlich attraktiv sind, als auch wegen hoher Sonneneinstrahlung als Standort für Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) in Frage kommen“, erläutert Martin Hahn. Das betrifft auch die Bodensee Region sowie viele andere klimatisch bevorzugte Regionen in Baden-Württemberg. Hahn sieht APV als große Chance, da die Doppelnutzung von Flächen Vorteile und Synergieeffekte schafft.
Beim Ackerbau, wenn Module horizontal in der Landschaft stehen, ist die Agro-Photovoltaik wegen der aufwendigen Konstruktionen auf den Äckern mit höheren Kosten verbunden. Ein größeres Potenzial sieht Martin Hahn daher bei den Sonderkulturen wie Äpfeln. Sonderkulturen werden oft zum Schutz vor Regen, Hagel, Sonnenstrahlung oder Vogelfraß abgedeckt. Bei der Agri-Photovoltaik können im Obstanbau Unterkonstruktionen doppelt, auch für Module genutzt werden. Vorstellbar ist auch schwimmende Photovoltaik. Die Module würden zum Beispiel auf Baggerseen platziert. „Mit der Agro-Photovoltaik und der schwimmenden Photovoltaik stehen uns zwei innovative Alternativen zur Verfügung“, so Martin Hahn.
Zu den Hürden, die voraussichtlich nicht mehr in dieser Legislatur genommen werden können, gehört neben der Berücksichtigung von Agriphotovoltaik im EEG auch, dass aktuell eine Förderung der landwirtschaftlichen Fläche mit APV nicht mit EU Agrarfördermitteln, die als Direktzahlung fließen, möglich ist. Ein Problem ist zudem noch das Baurecht. Hier müsste der Bund aktiv werden.
Die Öffentliche Anhörung zu Agrophotovoltaik-Anlagen (APV) ist in der Mediathek des Landtags abrufbar.
Link: https://www.landtag-bw.de/home/mediathek/videos/2020/20200930landwaagrophotovoltaik1.html?t=0