Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag besuchte gemeinsam mit Martin Hahn, Grüner Landtagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Bodensee, das Überlinger Unternehmen puren gmbh. Nachhaltige Lösungen in der Wirtschaft standen auf der Agenda.
Überlingen – Klimawandel, Ukraine-Konflikt und Energiepreise: Nie war das Einsparen von Energie, die Schonung von Rohstoff-Ressourcen und die nachhaltige Nutzung von Rohstoffen so wichtig wie heute. „Die Politik ist bei der Suche nach Lösungen auf die Wirtschaft angewiesen“, sagt der Landtagsabgeordnete Martin Hahn (Grüne). Schließlich müssten die Akteure der Wirtschaft die Nachhaltigkeits-Strategien umsetzen. „Wir wollen, dass die Rohstoffe effizient genutzt werden – aus ökologischer und ökonomischer Sicht,“ so Fraktionsvorsitzender Andreas Schwarz. Hahn ergänzt: „Und wir wollen diese Wege ebnen – dafür brauchen wir den Austausch.“ Für Grünen Fraktionschef Schwarz steht die Wirtschaftspolitik ganz oben auf der Agenda: „Wir wollen den wirtschaftlichen Strukturwandel meistern und unseren Wohlstand sichern.“

Martin Hahn lud am 17. März seinen Fraktionskollegen Andreas Schwarz dazu ein, die Firma puren gmbh in Überlingen zu besuchen. Hans Bommer, Gründer und Beirat, und Geschäftsführer Andreas Huther haben sich das Thema Nachhaltigkeit nämlich groß auf die Fahnen geschrieben. Bommer, der puren 1968 gegründet hat, erzählt: „Mit unserem Werkstoff Polyurethan haben wir bereits Anfang der siebziger Jahre die Energiewende geprägt. Von Umweltschutz redete zu der Zeit noch niemand. Für uns stand aber von Anfang an nachhaltiges Handeln im Vordergrund.“ Damit kann man puren als einen Pionier der Nachhaltigkeit bezeichnen. Grund genug für die Grünen Abgeordneten Andreas Schwarz und Martin Hahn, sich dort Inspirationen für nachhaltige Konzepte zu holen.
Geschäftsführer Andreas Huther erklärt: „Wir stehen ganz klar im Dienst der Energieeinsparung und Ressourcenschonung. Eine Grundvoraussetzung bei uns ist: Die Produkte müssen in ihrem Lebenszyklus mehr Energie einsparen, als bei deren Herstellung benötigt wurde.“ Eine weitere sei, dass die Produkte dauerhaft in den Werkstoffkreislauf zurückfließen können. Nicht zuletzt geschehe die Produktion in einem energieeffizienten und ressourcenschonenden Umfeld.
Zugtüren, Fahrzeugflotten, Wohnungsbau
Das Produkt selbst, der Hochleistungsdämmstoff purenit, kommt überall da zum Einsatz, wo hohe Dämmleistung, platzsparende Lösungen und komplexe Aufbauten gefragt sind. Zum Beispiel in den Türen des ICE 4, bei den Kofferaufbauten der DHL-Fahrzeugflotte oder beim Wohnungsbau. Die Lebensdauer der Produkte ist hoch. Die ersten Kofferaufbauten kommen nach rund 25 Jahren zurück. Auch das ist kein Problem, wird doch der Abfall – so wie Frässtaub der puren Produkte – wieder recycelt und in neuen Produkten verarbeitet. Insgesamt dreimal kann das Produkt wiederverwertet werden. Nach 200 Jahren, zeigen Studien, leidet die Qualität und der Lebenszyklus ist beendet.
Recycling als Zukunftsmodell
Recycling spielt bei den Überlingern eine wichtige Rolle. Am Standort Obermarchtal werden derzeit die Wiederaufbereitungskapazitäten verdreifacht. Auch fremde PU-Hersteller entsorgen beziehungsweise recyceln ihre Produkte bei puren. Martin Hahn und Andreas Schwarz begrüßen, dass der Trend dahingeht, im Baubereich mehr Recyclingstoffe einzusetzen. Es sei auch wahrscheinlich, dass es dazu in ein paar Jahren Quotenvorgaben gebe. Wie das aussehen könnte, fragt Huther. „Der Staat greift dann in den Markt ein, aber ob das dann durch Bundesgesetze oder die Länder geregelt wird, wissen wir noch nicht. Für Vorschläge auch seitens der Akteure sind wir dankbar. Auf jeden Fall werben wir für eine Quote“, erklären die Politiker.
Doch nicht nur die Wiederverwertung, sondern auch die Herstellung und Eigenschaft des Dämmstoffes aus Überlingen sind beispielhaft. Bei der Herstellung entsteht aus 35 Litern Rohstoff 1000 Liter Dämmstoff, denn der Hauptbestandteil ist Luft. Und: das Material ist so leistungsstark, dass es bei halb so starkem Aufbau die gleiche Leistung bringt und damit ebenfalls Rohstoffe einspart.
Klimaneutrales und bezahlbares Wohnen
„Im Bereich Klimaneutrales und bezahlbares Wohnen haben wir in Überlingen übrigens ein echtes Vorzeigeprojekt“, erklärt Martin Hahn seinem Grünen-Kollegen Schwarz. Es handelt sich um das Leuchtturmprojekt „Stadtquartier 2050“, eines von sechs Projekten, die bundesweit gefördert werden. Mit zahlreichen Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft gestaltet Überlingen mit dem Quartiersprojekt am Hildegardring und der Anna-Zentgraf-Straße die Energiewende. Andreas Huther ist daran in seiner Funktion als nebenamtlicher Vorstand der Baugenossenschaft Überlingen beteiligt und gibt dazu weitere Details. „Das Quartier dient als Forschungslabor,“ erklärt er. „Es geht darum, von der Bauphase bis zur Verbesserung der Energieeffizienz des bestehenden Nachbarquartiers die gesamte Öko-Bilanz zu verbessern. Und das Ganze mit bezahlbarem Wohnraum zu kombinieren.“
Innovatives Bauen und bezahlbares Wohnen
„Ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen ist die soziale Frage unserer Zeit. Gleichzeitig ist für uns Grüne der Schutz unserer Umwelt und unseres Klimas zentral. Wir wollen deshalb nicht immer weiter ins Grüne bauen und die Landschaft versiegeln, sondern Potentiale im Innenbereich nutzen und in nachhaltiges Bauen investieren. Deshalb rufen wir im Land den Strategiedialog Bezahlbares Wohnen und klimaneutrales Bauen ins Leben, um innovative Möglichkeiten zu diskutieren,“ so Schwarz. In die Hände spiele hierbei die Tatsache, dass das Quartier von der benachbarten Holzhackschnitzelanlage mit Nahwärme versorgt wird, bemerkt Martin Hahn. Die Holzhackschnitzel kommen aus spitälischem Waldbesitz. Aber auch hier seien Hochleistungsdämmstoffe Teil des Erfolgs, sagt Andreas Huther: „Dank intelligenter Planung der Gebäudehülle und Nutzung unserer schlanken Hochleistungsdämmstoffe wurde ein hervorragender Energiestandard erreicht und trotzdem bis zu 3 Prozent Wohnraum gegenüber der klassischen Bauweise gewonnen.“ Martin Hahn ist überzeugt: „Nie waren grüne Themen so wichtig wie heute. Auch im regionalen Umfeld sollte man nach Lösungen für globale Probleme suchen.“