Wie ihr im Newsletter lesen konntet, war ich im Zuge der Europatage letzte Woche im Gespräch mit einer zwölften Klasse der Überlinger Constantin-Vanotti-Schule.
Ich fand es überaus befriedigend, dass wir das Thema Europa einmal ganz grundsätzlich anschauen konnten. Meistens äußere ich mich ja – auch hier – eher über europäische Agrarpolitik.
Die Schüler*innen hatten im Geschichtsunterricht das Thema Europa behandelt und wollten jetzt einfach mal grundsätzlich wissen, warum mir Europa wichtig ist und wozu es ein starkes Europa braucht.
Ich finde, wir sollten uns wirklich klar machen: Europa steht aktuell in einem Spannungsfeld, in dem die zwei Pole China und die USA Dominanz beanspruchen. Da geht es ja nicht nur um die Beherrschung von Märkten, sondern es geht darum, welche Kultur uns behagt und welche Werte uns leiten.
Ich habe den Schüler*innen von meinen Reiseerfahrungen in China 2019 erzählt, als die chinesischen Gastgeber uns stolz die Errungenschaften der Künstlichen Intelligenz vorgeführt hatten. Ich persönlich hatte ein doch eher mulmiges Gefühl, als die Kameras der chinesischen Behörden uns aufgrund unserer biometrischen Daten, die wir zuvor am Flughaften abgegeben hatten, unter Tausenden von Fußgängern mühelos identifizieren konnten.
Für mich war und ist das nichts, was ich gerne zu uns nach Europa importieren würde. Und auch das chinesische Sozialpunktesystem löst bei mir mulmige Gefühle aus. Genauso wenig kann ich mich aber für das US-amerikanische Wertesystem begeistern, in dem die Interessen der Wirtschaft so stark dominieren und die Frage nach staatlicher Gestaltung und Leistung absolut zu kurz kommt. Mir bereitet es Sorge, dass Europa mit seinen Werten in dieser Polarität der zwei Systeme so wenig vorkommt. So ist es geradezu unerlässlich, dass Europa die Lücke, die hier aufklafft, endlich füllt – und das kann es nur, wenn die europäischen Länder zusammen agieren.
Umso wichtiger finde ich es, dass wir alle den Diskurs über die Werte, die uns leiten sollen, pflegen.