Die Überhitzung des Erdklimas, die Digitalisierung im Land, der Strukturwandel der Wirtschaft und immer öfter auch die Sorge um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft beschäftigen jenseits von Covid19 die Politikerinnen und Politiker der Grünen wenige Tage vor der Landtagswahl am Sonntag, 14. März, ganz besonders. Unter dem Motto „Auf ein Wort mit Cem Özdemir“ hatten die Grünen im Bodenseekreis am Dienstagabend zu einer Gesprächsrunde über die Verrohung der Sprache, Verschwörungsmythen, Diskriminierung und die Gefahr durch den Rechtsextremismus in die Grüne Lounge nach Friedrichshafen eingeladen. Das Publikum konnte Corona bedingt wie bei allen Wahlkampfveranstaltungen in den vergangenen Wochen wieder nur virtuell dabei sein. Gesprächspartner von Cem Özdemir, prominenter Bundestagsabgeordneter aus dem Land und von 2008 bis 2018 Bundesvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen, war Martin Hahn, Grüner Landtagsabgeordneter aus dem Bodenseekreis. Moderiert hat Joachim Behnke, Lehstuhlinhaber für Politikwissenschaft an der Zeppelin Universität Friedrichshafen und Mitglied des Grünen Ortsverbands Immenstaad.

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„Wir müssen unsere liberale Demokratie gegen autoritäre Angriffe verteidigen und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken“, hatte Martin Hahn in den vergangenen Wochen immer wieder gefordert. „Früher haben wir über Schlussfolgerungen gestritten – heute streiten wir über Fakten“, skizzierte Cem Özdemir, was viele Politikerinnen und Politikerinnen aber auch Wählerinnen und Wähler zunehmend beunruhigt. Diskutiert werde heute darüber, ob ein Tisch ein Tisch ist, sagte der Bundestagsabgeordnete aus Stuttgart. Das sei bei Corona, bei der Klimakrise und neuerdings auch bei Wahlergebnissen so. Özdemir sprach konkret die Ereignisse in den USA den Sturm aufs Kapitol an. „Das war ein Härtetest für die Demokratie“, so der Politiker.
Einig waren sich Özdemir und Hahn, dass es „rote Linien“ braucht. Eine Diskussion darüber, ob Aerosole einen Bogen um Querdenker machen, halte die Gesellschaft aus. Özdemir forderte aber entschieden, dass Gesetze eingehalten werden. Wenn eine Maskenpflicht gilt, gilt sie für alle, so der Bundestagsabgeordnete. Er habe in Stuttgart mit Gelbwesten über den Diesel diskutiert. Die Aufgabe von Politikerinnen und Politiker sei es, den Leuten zuzuhören. „Wir müssen uns der Diskussion stellen“, machte der Grüne klar. Grundsätzlich gelte, dass nicht nur wir selbst, sondern auch andere Recht haben könnten. Die „rote Linie“ ziehen Cem Özdemir und Martin Hahn aber bei Reichsbürgern, Identitären und Demonstrierenden, die bei sogenannten Querdenkerdemos einen Judenstern tragen. Für Cem Özdemir ist klar, dass es – anders als es die AfD immer wieder verlautbart – die Öffentlich-Rechtlichen braucht und dass sie gestärkt werden müssen, ohne dabei die lokalen Zeitungen zu benachteiligen. Ansetzen will der Bundestagsabgeordnete auch bei der Bildung. Kinder müssten lernen mit den Sozialen Medien umzugehen. Er will Social Media Unterricht an Schulen und spreche darüber auch als Vater mit seinen Kindern.
Die Veranstaltung mit Cem Özdemir in Friedrichshafen war eine von zwei, bei denen prominente Grüne im Bodenseekreis tatsächlich vor Ort waren und die einzige Gesprächsrunde, die nicht nur via Zoom stattgefunden hat. Noch im vergangenen Spätsommer hatte die Planung anders ausgesehen. Der Grüne Kreisverband Bodenseekreis hatte das Ladenlokal in prominenter Lage in der Friedrichshafener Innenstadt noch im November vergangenen Jahres temporär für die Zeit bis zur Landtagswahl angemietet. Geplant waren ursprünglich in den Räumen mit einer Fläche von rund 200 Quadratmetern unter Einhaltung aller Abstands- und Hygieneregeln hybride Veranstaltungen mit einer begrenzten Zahl von Besucherinnen und Besuchern, die direkt ins Internet gestreamt werden sollten. Aufgrund der Corona-Situation war das leider nicht möglich.