Die Entscheidung des Bundesrats über den Kastenstand in der Sauenhaltung ist eine zukunftsweisende. Mit dem am Freitag vergangener Woche erzielten Kompromiss zur Sauenhaltung wird es in Zukunft mehr Tierschutz in den deutschen Ställen geben.
„Die Haltung von Sauen in Kastenständen ist nicht tiergerecht“, sagt Martin Hahn, Landtagsabgeordneter der Grünen für den Bodenseekreis und Grüner Agrarpolitiker. „Seit Jahrzehnten kämpfen wir Grüne dafür, dass die Tiere artgerechter in der Gruppe leben. Unser Ziel war es, die Zeit, die Sauen in Kastenständen verbringen, deutlich zu verringern. Das haben wir jetzt erreicht“, so Martin Hahn.
„Den Ansatz der Bundesregierung, den Kastenstand in seiner jetzigen Form zu legalisieren, um damit das sogenannte Magdeburger Urteil zu umgehen, haben wir Grüne verhindert“, sagt Martin Hahn. Die Haltung der Muttersauen im Deckzentrum in Kastenständen wird nach einer Übergangfrist von 8 Jahren komplett abgeschafft. Eine Fixierung ist nur noch für kurze Zeit während der Besamung möglich. Die meiste Zeit werden die Mutterschweine in der Gruppe leben. Die Schweinehalter müssen die Ställe in Funktionsbereiche mit Aktivitätsbereich, Rückzugsbereich und Fress-Liege-Buchten einteilen. Es muss organisches und faserreiches Beschäftigungsmaterial wie Stroh oder Hanfseile geben. Und ab sofort gilt: Das Schwein muss auch während der Übergangszeit – in den 8 Jahren bis zur Abschaffung des Kastenstands – seine Gliedmaßen in Seitenlage ausstrecken können, ohne an ein bauliches Hindernis zu stoßen.
Nach 3 Jahren müssen die Betriebe ein Umbaukonzept zur Ermöglichung von Gruppenhaltung im Deckzentrum vorlegen, nach 5 Jahren den Bauantrag dazu. Landwirt*innen, die sich gegen einen Umbau entscheiden, müssen dies spätestens nach 3 Jahren melden und nach 5 Jahren die Sauenhaltung einstellen.
Im Abferkelbereich – die Bilder von den Muttersauen in den Kastenständen mit ihren Ferkeln haben sich bei vielen eingebrannt – wird die Zeit in den sogenannten Ferkelschutzkörben auf wenige Tage begrenzt. Die Frist für den Umbau in diesem Bereich beträgt allerdings anders als beim Deckzentrum 15 Jahre.
Die Empörung von Tierschützern und Medien und Kritik an der Verordnung bezieht sich hauptsächlich auf die langen Übergangsfristen mit dem berechtigten Argument, dass die gerichtlichen Entscheidungen schon lange eine Verbesserung verlangen. „Tatsächlich haben wir mit dem Kompromiss aber erhebliche Verbesserungen für die Schweine gegenüber dem Vorschlag der Bundesregierung erreicht“, so Martin Hahn. Denn die Übergangsfristen sind jetzt deutlich kürzer.
„Wir haben einen wichtigen Grundstein für eine tiergerechtere Sauenhaltung in Deutschland gelegt“, sagt der agrarpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion. „Nach jahrelanger Blockade von CDU/CSU, SPD und Bauernverband ist es gelungen, einen großen Schritt in Richtung einer tiergerechteren Schweinehaltung zu machen“, so Martin Hahn weiter. Er sieht mit den erreichten Veränderungen den Startschuss für den notwendigen Umbau der Nutztierhaltung. „Der Kompromiss beinhaltet einige Herausforderungen“, so Martin Hahn. „Die geforderten 5 Quadratmeter pro Sau im Deckzentrum übersteigen die Anforderungen der EU Öko-Verordnung und sind besonders für kleinere und mittlere Betriebe eine zusätzliche Hürde bei der Anpassung ihrer Betriebe. Selbst bei Biobetrieben sind aktuell nur 4,4, Quadratmeter üblich „Diese Anforderung von 5 Quadratmetern sollte noch einmal praxisgerecht angepasst werden“, sagt Martin Hahn. Sonst müsste tatsächlich jeder Stall umgebaut werden.
„Es ist ein Kompromiss, der auch schmerzliche Zugeständnisse enthält“, sagt Martin Hahn. Aus Grüner Sicht wären kürzere Übergangsfristen wünschenswert gewesen. Wichtig ist ihm aber auch, dass Bäuerinnen und Bauern nicht alleine gelassen werden. „Für sie bedeutet die Entscheidung des Bundesrates Planungssicherheit für die nächsten Jahre und sie können den Schritt hin zu tiergerechteren Ställen wagen“, sagt Martin Hahn. „Insbesondere für bäuerliche Familienunternehmen stellt der Umbau eine große Herausforderung dar – die Landwirt*innen müssen Investitionen zu tätigen.“ Der Erhalt der bäuerlichen Strukturen ist aber zentral für regionale Strukturen und starke ländliche Räume, den Erhalt unserer Kulturlandschaft, die Sicherstellung der heimischen landwirtschaftlichen Produktion und die Abkehr von industrieller Massentierhaltung.
Diesen Weg will Martin Hahn konsequent weitergehen. Im Bereich Tierschutz bleibt auch in Zukunft noch viel zu tun: bessere Haltungsbedingungen nicht nur für Schweine, sondern überall in der Tierhaltung, eine klare und verbindliche Haltungskennzeichnung nach dem Vorbild der Legehennenhaltung und Eier- Kennzeichnung, eine dauerhafte Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung und eine Verwendung der europäischen Agrarmittel (GAP) für Tierwohl, Umwelt, Natur, Klima und Biodiversität nach der Maxime „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“.